Gründe für die Nicht-Nutzung von Sprachassistenten – und warum diese für deren baldigen Erfolg sprechen

Sprachassistenten werden sich schon in Kürze massiv verbreitet haben. Glauben Sie nicht? Dann lassen sie uns einmal die Gründe für deren (bisherige) Nicht-Nutzung betrachten und mit einigen ältere Statistiken vergleichen. Sie werden sehen: Geschichte wiederholt sich wirklich – und schon in ein, zwei oder spätestens 5 Jahren wird sich manches Unternehmen ärgern, diese (wie wir gleich sehen werden ganz offensichtliche) Entwicklung der Sprachassistenten nicht erkannt bzw. genutzt zu haben und Wettbewerber an ihnen vorbeigezogen sind.

Warum Sprachassistenten nicht genutzt werden

Verschiedenste Gründe geben Menschen an, warum sie Sprachassistenten (Smartspeaker) nicht zu nutzen. Die Umfragen zu den Hauptgründen hierfür ähneln sich aber frappierend. In der Studie „Smart Speaker & Voice Control 2019“ wird nicht vorhandener Bedarf zu 52% als Nicht-Nutzungsgrund angegeben. Auch die von Deloitte für die Bitkom 2018 erstellte Studie „Zukunft der Consumer Technologie zeigt mit 56% als einen der wichtigsten Gründe ein „brauche ich nicht“ als Grund, keinen Smartspeaker zu benutzen. Eine Splendid-Studie „Digitale Sprachassistenten – eine repräsentative Umfrage“ gibt wiederum 52,6% der Befragten an, keine sinnvolle Anwendungsmöglichkeit für Smartspeaker sehen.

Kurz: Mehr als die Hälfte der Deutschen weiß schlicht nicht, was sie mit einem Sprachassistenten anfangen soll und wie dieser ihnen etwas bringen sollte. Und selbst Besitzer von Sprachassistenten hören vorwiegend Musik oder steuern Geräte – nicht gerade ein vielfältiges Anwendungsspektrum.

Ergänzende Gründe für die Nichtnutzung sind Datenschutz und Privatsphäre. Mit Angst vor Überwachung (52%), der Angst, dass Dritte abhören (57%) und Datenschutzbedenken (25%) bezeugen das die oben angeführten Studien ebenfalls.

Heißt das in der Folge, dass Sprachassistenten keinen Sinn für das Marketing hätten? Nein, im Gegenteil.

Warum diese Studien für die Sprachassistenten sprechen – ein Vergleich

Schauen wir einmal einige Jahre zurück. So nutzen z. B. im Jahr 2009 gerade einmal 6,3 Mio. Deutsche Smartphone (ca. 7-8% der Deutschen), Ende 2010 dann 14 Mio. (ca. 12%), im Jahr 2014 dann 40 Mio. (ca. 48%) und 2018 schließlich 57 Mio. (ca. 68% der Bevölkerung). Wir befinden uns also mit ca. 15% Verbreitung von Smartspeakern in Deutschland ganz grob im Jahr 2010/2011 der damals beginnenden Smartphone-Verbreitung (ich brauche es nicht extra zu sagen: schauen sie mal heute auf die Straße, was da in 8 Jahren passiert ist).

Schauen wir uns jetzt aber mal Umfragen aus 2010/2011 an. In der Accenture durchgeführte Umfrage „Mobile Web Watch“ aus 2010 geben 71% der Befragten Nicht-Nutzer von Smartphones an, dass das Internet über den PC für sie völlig ausreichend sei (oder anders formuliert: sie keinen Nutzungsgrund für mobiles Internet auf Smartphones hätten). in 2014 sagen 81% der Nicht-Nutzer des mobilen Internets, dass das „stationäre Internet völlig ausreichend für meine Nutzung“ ist und 66% „sehen keinen Nutzen“ in Smartphones. Irgendwie eine frappierende Ähnlichkeit zu heutigen Umfragen zu Sprachassistenten. Die Gründe, Sprachassistenten nicht zu nutzen sind praktisch die gleichen, die damals für die Smartphone-Nutzung und das mobile Internet angegeben wurden.

Ähnliche Gründe wurden übrigens auch in den 90ern und Anfang der 2000er genannt, warum man keinen Internet-Anschluss besitzt.

Die Schlussfolgerung: die für die Nicht-Nutzung von Sprachassistenten vorgebrachten Gründe werden deren schnelle Verbreitung nicht aufhalten – sie haben das weder hinsichtlich der Verbreitung von Smartphones / mobilem Internet, noch des in den 90ern neuen Mediums Internet getan. Im Gegenteil: genau diese Nicht-Nutzungsgründe sind am leichtesten zu beseitigen.

Nebenbei: auch Datenschutzbedenken gab es damals bezüglich der Smartphones. Der Nutzen hat diese dann aber doch oft überwogen und man kann zeigen, dass auch hier die Argumentationen und Entwicklungen sehr ähnlich sind.

Ein (Er-)klärungsversuch

Warum kaufen Menschen etwas? Weil sie sich einen Nutzen daraus erhoffen. Gibt es diese Aussicht nicht, kaufen sie auch nicht.

Nun ist es aber gerade zu Beginn neuer Technologien und Medien so, dass einerseits das mögliche Nutzenpotential noch wenig entwickelt (und manchmal selbst von Fachleuten noch gar nicht erkannt) ist und es andererseits wenig andere Menschen gibt, die einem einen solchen Nutzen deutlich machen könnten.

So gab es in 2008 gerade mal 5.000 Apps im iPhone-Appstore. Diese Zahl war Ende 2009 bereits auf 100.000 Apps für Apple-Smartphones angestiegen. Bis 2019 hat sich diese Zahl allerdings deutlich auf über 2.000.000 (ca. 2, 2 Mio. aktuell geschätzt) mehr als verzwanzigfacht. Und damit ist auch die Zahl der denkbaren Anwendungsmöglichkeiten und Nutzen von Smartphones massiv angestiegen. Vergleichen wir das einmal mit dem Anstieg von Skills (also Voice Apps für den Amazon Echo), so stieg deren Anzahl von anfänglich wenigen Tausend auf 50.000 im September 2018. Die Anzahl der auf Alexa vertretenen Marken hatte ich innerhalb von 8 Monaten von 1.200 auf 3.500 nahezu verdreifacht. Der Nutzen von Sprachassistenten ist also mitten im Entstehen.

Außerdem verbessert sich die Qualität der Voice Apps laufend. Denken Sie einmal an die ersten Smartphone-Apps. Ja, die waren wirklich schrecklich und konnten teilweise wirklich nicht viel. Aber über die Jahre haben Apps viel besser geworden.

Kurz: der Nutzen von Sprachassistenten steigt laufend massiv an, gerade auch durch Drittanbieter, die Voice Apps erstellen.

Und immer mehr Menschen werden im Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis jemanden treffen, der einen Sprachassistenten hat und nutzt. Und immer öfter wird diese Personen einen Nutzen daraus ziehen oder einem erklären (und zeigen) können, welchen Nutzen mal selbst davon hätte. So wie ein Smartphone-Nutzer anderen Menschen deren Vorteile zeigte und damit Interesse bei diesen weckte. Rein mathematisch ergibt sich daraus dann eine tendenziell exponentielle Entwicklung (einer zeigt es zwei Leuten, diese wiederum jeweils zweien, …). Und nicht zuletzt spielt analog auch die Presse eine nicht unbedeutende Rolle.

Und auch 1999 (damals waren gerade einmal 17% der Deutschen überhaupt online) hat die ARD/ZDF-Onlinestudie bereits festgestellt, dass bei der Verbreitung (des damals ganz neu aufkommenden) Mediums Internet der konkrete Nutzwert ein Hauptgrund für die Anschaffung eines Online-Anschlusses war.

Schlussfolgerung: Smartspeaker kommen (schnell)

Natürlich kann niemand eine Garantie abgeben. Aber schaut man sich die Entwicklung und Verbreitung von Smartphones an (oder genauso in den 90er Jahren die Verbreitung des Internets an sich) tauchen immer wieder die gleichen Nicht-Nutzungsgründe auf, die jetzt bezüglich Sprachassistenten vorgebracht werden.

Der Nutzen dieser jeweils neuen Technologien und Medien aber war es, der immer zu einer sehr schnellen Verbreitung geführt hat – oft schneller, als es Marketing-Abteilungen mitbekommen oder wahrhaben wollten.

Das wird auch bei Sprachassistenten so sein bzw. ist es zum Teil schon.

Der Autor traut sich aufgrund dieser Faktenlage zu wetten, dass Sprachassistenten eine sehr schnelle Verbreitung finden werden (trotz der aktuell in Umfragen noch geäußerten Bedenken jedes zweiten Deutschen) und so manche Marketingabteilung sich in nur wenigen Jahren ärgern wird, nicht rechtzeitig intensiv in dieses Medium eingestiegen zu sein. Ich hoffe, die Leser dieses Beitrags gehören dann nicht dazu.


Quellen:

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