dmexco – die Messe ohne den Trend Sprachassistenten

Eine der führenden Digital-Messen ist die gerade (11./12.09.2019) laufende Messe dmexco. Eigentlich der richtige Ort für alle Unternehmen, sich über digitales Marketing zu informieren und nach Dienstleistern zu suchen – eigentlich.

Der folgende Report erzählt aus Unternehmenssicht, was man hinsichtlich Voice-Marketing dort erlebt (nämlich, dass Sprachassistenten und Voice scheinbar praktisch keine Bedeutung haben im digitalen Marketing – was aber leider fachlich falsch ist, wenn man auch nur etwas Zukunftsorientiert denkt).

Versetzen wir uns mal in die Rolle einer Marketing-Verantwortlichen, nennen wir sie an dieser Stelle einfach mal Ann-Sophie. Sie hat verschiedene Studien gelesen und z. B. bei Capgemini, der Postbank Digitalstudie oder Limelight erfahren, dass gut 25-30% der Deutschen Sprachassistenten nutzen bzw. besitzen. Und bei einem Besuch in Berlin vor 2 Tagen hat sie gesehen, dass Alexa und Google Assistant auf der IFA 2019 für Konsumenten allgegenwärtig sind (und neu der Telekom-Sprachassistent Magenta) . Ann-Sophie entscheidet sich also, auf DIE Fachmesse für „Digital Marketing“, die dmexco, zu gehen, um sich zum Einsatz von Sprachassistenten im Marketing zu informieren und nach Dienstleistern zu suchen.

Das frustrierende Ergebnis vorweg: es gibt kaum Anbieter zu diesem Thema (und die meisten sind auch noch extrem schwer zu finden und bewerben das nicht).
Der Eindruck von der Messe: für die ausstellenden Dienstleister gibt es Sprachassistenten im digitalen Marketing praktisch nicht – ein trauriges Ergebnis für die Aussteller einer Messe – eigentlich sogar die Leitmesse – für digitales Marketing.

Voice & Sprachassistenten – (fast) gar nicht zu sehen

Ann-Sophie läuft also los auf der dmexco. Erstmal aber: nirgends ein Sprachassistenten zu sehen. In der ersten Messehalle sieht sie nur einmal einen Amazon Echo – der wird aber nur verlost und der Aussteller hat überhaupt nichts mit Voice Marketing am Hut.

Also in die zweite Halle, dann die dritte Messehalle und so weiter. Sie findet alles mögliche zum digitalen Marketing – nur kein Voice Marketing und keine Sprachassistenten.

Das ist keine fiktive Geschichte. Der Autor dieses Texte ist genau mit diesem Blick sämtliche Hallen der dmexco 2019 abgelaufen und hat genau 2 (in Worten: zwei) Messestände gefunden, bei denen erkennbar war, dass sie Leistungen bezüglich Voice Marketing, Sprachassistenten bzw. Alexa anbieten (Details siehe weiter unten).

Aber Ann-Sophie gibt nicht auf. Es gibt ja die dmexco-App, in der man mit Suchworten nach Ausstellern recherchieren kann. Also Smartphone gezückt, Suchbegriff „sprachassistent“ eingegeben – und genau 1 (in Worten: ein) Suchergebnis erhalten.

Kurz: 0,2% aller Aussteller (2 von rund 1000 Ausstellern insgesamt) sind mit dem Thema Voice und Sprachassistenten wirklich präsent auf der Leitmesse für digitales Marketing.

Fast hätte Ann-Sophie schon aufgegeben. Aber sie sucht in der dmexco-App nochmal nach „Voice“ – und siehe da: 38 Suchtreffer. Diese Aussteller will sie jetzt alle aufsuchen, macht sich eine Laufliste durch die Hallen und geht hoffnungsvoll los.

Dabei stellt sich aber heraus: ein großer Teil dieser gefundenen Anbieter hat mit Sprachassistenten und Voice Marketing überhaupt nichts zu tun. Sie wurden in der App nur deshalb gefunden, weil sie Marketing mit „Customer-Voice“ (früher hieß das mal „kundenorientiert“) machen, weil sie auch WhatsApp-Sprachnachrichten in ihrer Software verarbeiten können oder einfach weil sie Digitalradio oder Videobearbeitung („Voice“ – früher hieß das einfach Audio) machen.

Liest man alle dieses Anbieter aus, bleiben Ann-Sophie noch genau 11 Aussteller übrig, die Ann-Sophie vielleicht helfen könnten, Marketing mit Hilfe von Sprachassistenten zu planen und umzusetzen.

Der Autor diese Textes hat im Übrigen genau das gemacht: alle Suchtreffer der App abgelaufen, sich die Messestände angesehen und mit den Unternehmen gesprochen. Das Ergebnis: ja, es gibt Anbieter, die z.B. Voice Apps (Skills) anbieten – nur ist das fast immer nur auf ganz gezielte Nachfrage überhaupt zu erfahren. Zu sehen ist das am Messestand nicht.

Sprachassistenten-Marketing auf der dmexco 2019

Soweit der Eindruck, den ein Besucher von der Wichtigkeit von Voice Marketing und Sprachassistenten bekommen muss, wenn er über die Messe geht. Im folgenden geh eich jetzt noch etwas konkreter Ergebnis auf die Recherche vor Ort und deren Ergebnisse ein.

Werbende Anbieter für Voice Marketing

Nur bei zwei Anbietern kann man direkt am Messestand erkennen, dass sie mit Voice Marketing werben. Das ist der Stand von RMS (Halle 8 Stand D028) und der Technologie-Anbieter unymira (Halle 7.1 Stand A019). Ersterer hat „Voice“ sogar ganz zentral und groß beschriftet, hat am 11.09. am Stand zwei Vorträge zum Thema (einmal in Kooperation mit „169 Labs“, einer auf Voice Marketing spezialisierten Agentur) und weiß im Gespräch durchaus etwas zum Thema zu sagen. Und auch bei unymira sieht man sofort, dass Leistungen zu Alexa und Co. angeboten werden, man kann im Gespräch wirklich tiefer gehende Beschäftigung mit dem Thema spüren (z. B. wird recht schnell mit dem Ansatz „Zielgruppen-Analysen für Kunden“ zum Thema Sprachassistenten etc. argumentiert) und man kann auch auf Referenzprojekte für AOK oder einer Versicherungsgruppe verweisen.

Die einzigen beiden Stände der dmexco 2019, die auch mit Voice und Sprachassistenten werben: RMS (mit 169 Labs) und unymira.

Per App-Suche gefundene Anbieter

Wie bereits gesagt, funktioniert die Suche nach „sprachassistent“ in der Messe-App nur sehr unzufriedenstellend: es gibt genau ein Suchergebnis, nämlich Anbieter der Einkaufslisten-App „Bring!“. Immerhin: am Stand ist auf einem Monitor wirklich Amazon Echo und Google Home zu sehen und auf Nachfrage wird klar, dass der Alexa Skill für die Benutzung der Einkaufslisten durchaus eine Bedeutung für das Unternehmen (bzw. dessen Kunden) hat. Interessant – aber leider nicht hilfreich, wenn man auf der Messe nach Dienstleistern für Voice Marketing sucht.

Die Suche nach „voice“ in der dmexco-App bringt wie schon gesagt 38 Suchtreffer und 11 davon erbringen wirklich auch Leistungen rund um das Voice Marketing und Sprachassistenten (alle anderen verwenden das Wort „Voice“ in einem anderen Zusammenhang).

Auf diese Weise findet man einerseits ein paar (wenige) Agenturen, die Voice Apps (Alexa Skills oder Google Actions) programmieren. Dazu gehört z. B. die Appfactory (Halle 8.1 Stand D028) oder die Solution360 GmbH (Halle 71. Stand C039/D038), die z. B. für JTL die Möglichkeit erstellt haben, dass JTL-Händler einen Alexa Skill aktivieren nutzen können. Über diese beiden gibt es ein paar weitere Agentur, die „Skill-Programmierung anbieten“. Zum Teil haben sie auch mehrere Referenzprojekte, zum Teil geben sie aber auch zu, „mal einen Skill gemacht zu haben“ aber nicht mehr. Am stärksten scheint sich „Lab 169“ mit dem Thema zu beschäftigen, da man sich darauf spezialisiert hat – aber Lab 169 ist nicht mit einem eigenen Stand vertreten, man trifft sie am oben schon erwähnten Stand von RMS.

Zum anderen finden sich Software-Anbieter, die auch eine Schnittstelle zu Sprachassistenten verfügbar haben, zum Beispiel ein Anbieter für die Personalisierung von Websites, E-Mails, etc. , der auch Personalisierung für Alexa Skills anbietet. Oder der Anbieter einer Chatbot-Lösung, der auch Sprachassistenten-Dialoge als Frontend zu bieten hat (LoyJoy in Halle 9.1 Stand D041a). Und schließlich auch noch zwei Anbieter, die ihren Schwerpunkt auf dem Marketing für den stationären Handel haben und in diesem Rahmen – als eine von vielen Leistungen – auch bezüglich Datenpflege (z.B. Öffnungszeiten) und Voice SEO helfen: das sind Yext (Halle 6.1 Stand D039) und die uberall GmbH (Halle 7.1 Stand E038).

Fast schon etwas skurril verläuft das Gespräch bei Spryker (Halle 7.1 Stand C010), die in der dmexco-App auch mit „Voice-Integration“ werden. Das Gespräch wird gleich zu Beginn auf „die hohe Modularität“, die man biete, gelenkt und entsprechende Unterlagen präsentiert. Sobald man aber gezielte Nachfragen zu Sprachassistenten (Alexa, etc.) oder Voice stellt – oder gar nach konkreten, umgesetzten Lösungen oder Leistungen – wird mehrfach nur auf „müssen sie im Internet auf der Website schauen“ verwiesen und das Gespräch schon fast zwanghaft wieder auf ganz allgemein „die hohe Modularität“ gelenkt.

Nicht mal Google hat den Google Assistant

Richtig komisch wird es, wenn man bei Google am Stand vorbei schaut (Halle 6.1 Stand B001/C018). Ein Google Home oder irgendwelche Informationen zu Google Assistant findet man dort gar nicht. Bei einer Nachfrage am Info-Schalter zu diesem Thema sucht die Mitarbeiterin auf dem Standplan und findet – nichts. Nein, Google Assistant sei kein Thema bei Google ist die Information, die man bekommt. Interessant auf einer Marketing-Messe.

Der Standplan am Google Messestand.

Fazit: Voice Marketing lebt nur punktuell (bei den Dienstleistern!)

Zusammengefasst hinterlässt der Messebesuch der dmexco einen eindeutigen Eindruck: Voice Marketing und Sprachassistenten führen ein klares Nischen-Dasein aus Sicht der Dienstleister der digitalen Marketingbranche. Man findet kaum oder nur sehr schwer passende Angebote.

Die laufende Presse-Präsenz des Themas und die inzwischen große Zahl der Studien, die die Bedeutung für Sprachassistenten klar belegt, scheint an den Dienstleistern – zumindest denen, die auf der dmexco ausgestellt haben – weitgehend vorbei gegangen zu sein. Schade für deren (bestehende und potentielle) Kunden, die eigentlich jetzt rechtzeitig auf diese Veränderung im Kundenverhalten vorbereitet werden müssten.

Ann-Sophie jedenfalls ist davon überzeugt, gerade jetzt einen frühzeitigen Wettbewerbsvorteil mit ersten Marketingschritten auf Sprachassistenten erzielen zu können, setzen doch die Anbieter aller ihrer Wettbewerber scheinbar (derzeit) nicht auf dieses Thema.

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